Dr.-Ing. Hermann Lüscher


wurde am 10. September 1884 in Frankfurt am Main geboren. Nach Absolvierung des Realgymnasiums in Frankfurt studierte er an der Technischen Hochschule in München und Darmstadt das Bauingenieurfach und nahm 1908 im Auftrag der Technischen Hochschule in Darmstadt an den ersten von Prof. Dr. Pulfrich bei den Zeiß-Werken veranstaltete Ausbildungskurse für Stereophotogrammetrie teil.
Von 1910 bis 1912 führte er die ersten stereophotogrammetrischen Vermessungen für die Eisenbahnvorarbeiten beim Bau der Bagdad-Bahn in der Türkei durch. 1912 trat er zu dem von dem Erfinder des Stereoautographen von Orel zusammen mit den Zeiß-Werken in Wien gegründeten Vermessungsinstitut "Stereographik" über, wo er unter anderem die photogrammetrische Vermessung des Dachsteingebirges und die Trassierungsarbeiten für den Bahnbau Üsküb-Monastir in Serbien durchführte.
Bei Ausbruch des Ersten Weltkrieges meldete er sich als Kriegsfreiwilliger und war zunächst als Photogrammeter bei einer Fliegerabteilung in Frankreich, später im Kriegsvermessungswesen vornehmlich mit der Ausbildung von photogrammetrischen Fachkräften tätig.
Im Jahre 1917 promovierte er an der Technischen Hochschule in Darmstadt mit einer
grundlegenden Arbeit über "Der Stereontograph, seine Berichtigung und Anwendung". Von 1918 bis 1920 war Dr. Lüscher wissenschaftlicher Mitarbeiter der Firma Carl-Zeiß in Jena und Leiter der Deutschen Stereographik-Gesellschaft.
Das folgende Jahr führte ihn nach Holländisch-Indien, wo er im Dienste des Kolonialministeriums die photogrammetrischen Verfahren einführte und Offiziere darin ausbildete.
Nach einjähriger Abwesenheit in die Heimat zurückgekehrt, trat Dr. Lüscher zum Vermessungsinstitut "Luftbild-Stereographik" in München über, wo er bis 1926 als Abteilungsleiter tätig war.
1927 war er wieder im Ausland und leitete beim türkischen Generalstab in Ankara die von ihm eingerichtete photogrammetrische Abteilung.
Im Jahre 1928 kehrte er nach Deutschland zurück und war zunächst als Regierungsrat und später im Heeresdienst mit der Entwicklung photogrammetrischer Verfahren und Geräte beschäftigt.
Der Fachwelt war und ist Herr Lüscher durch seine zahlreichen grundlegenden Aufsätze zu stereoskopischen Fragen sowie das im Union-Verlag erschienene Buch "Stereophotographie" bekannt. Auf photogrammetrischem Gebiet zählte er zu den ältesten Pionieren dieser neuen Wissenschaft. Auch hier hat er zahlreiche wissenschaftliche Fragen in Fachzeitschriften behandelt. Das beim Verlag Mittler & Sohn erschienene Buch "Kartieren nach Luftbildern" sowie das seinerzeit als erste zusammenfassende Arbeit in "Natur und Geisteswelt" 1920 erschienene Buch über "Photogrammetrie" stammen ebenfalls aus seiner Feder.
Er war 1909 Mitbegründer der "Deutschen Gesellschaft für Photogrammetrie" und trat bereits im Januar 1928, unmittelbar nach deren Gründung, der "Deutschen Gesellschaft für Stereoskopie" bei. Zwar war er kein Gründungsmitglied der DGS, wie es oft irrtümlich dargestellt wird, so hat er jedoch von Anfang an das Leben der DGS aktiv mitbestimmt.
Auf der Jahreshauptversammlung der DGS am 26.02.1931 wurde Dr. Lüscher zum 1. Vorsitzender gewählt.
Sein erfolgreiches Schaffen wurde 1937 von der Wiener Photographischen Gesellschaft durch die Verleihung ihrer höchsten Auszeichnung, der goldenen Medaille, gewürdigt.
In Anerkennung seiner langjährigen erfolgreichen Führung der DGS und in Würdigung seiner wissenschaftlichen Verdienste um die Stereoskopie in Wort, Schrift und Tat wurde er zum Festabend anlässlich des 10-jährigen Bestehens der DGS am 17. März 1938 im Haus der Deutschen Presse in Berlin zum Ehrenmitglied der DGS ernannt.
Auf der ersten Hauptversammlung nach dem Kriege, am 1. Februar 1951, wurde Dr.-Ing. Lüscher in Würdigung seiner Verdienste um die Verbreitung stereoskopischer Verfahren sowohl in der Liebhaberfotografie als auch insbesondere in Messtechnik und Wissenschaft zum Ehrenpräsident der Deutschen Gesellschaft für Stereoskopie gewählt.
In seinem Privatleben hat sich Dr. Lüscher auch als Sportsmann erfolgreich betätigt und im Autbord-Rennboot zahlreiche Siege auf deutschen und internationalen Regatten erringen können.
Nach seinem in der Nachkriegszeit aus politischen Gründen erfolgten Ausscheiden aus der SBZ bzw. DDR, wo er im Zentralamt für das Vermessungswesen und später mit der Leitung von wissenschaftlichen und Forschungsarbeiten auf dem Gebiet der Feinmechanik und Optik tätig war, trat Dr. Lüscher 1951 in den wohlverdienten Ruhestand.
Mit ungeschwächter Energie widmete er sich nun ausschließlich der Stereoskopie. Die "Deutsche Gesellschaft für Stereoskopie" verdankt ihre erfolgreiche Entwicklung in dieser Zeit zu einem ganz entscheidendem Maße der unermüdlichen Schaffenskraft von Dr.-Ing. Lüscher.
Er starb am 26.03.1961.





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