Von der Gründung bis Anfang der 1930er Jahre


Am 28. Dezember 1927 wurde die Deutsche Gesellschaft für Stereoskopie (DGS) in Berlin gegründet. Dieses Datum wird im Antrag des Vereins zur Eintragung in das Vereinsregister genannt. Die ersten Aktivitäten waren die Vorbereitung und Herausgabe des Vereinsorgans "Das plastische Bild" im Januar 1928 und die Vorbereitung der 1. Sitzung der DGS am 9. Februar 1928.

Das Vereinsorgan "Das plastische Bild" (Abbildung 1.1) wurde im Verlag Dr. Ferdinand Gebhard von Herrn P. F. Brandt-Leiseberg herausgegeben.
P. F. Brand-Leiseberg war auch der 1. Vorsitzende der DGS.

Der Jahresbeitrag betrug inklusive des Vereinsorgans 12,- RM für Einzelmitglieder und 20,- RM für Firmen. Weiterhin wurde eine Aufnahmegebühr von 3,- RM erhoben.

  Abbildung 1.1
Es fanden monatliche Versammlungen statt. Bei diesen wurden meist allgemeine, organisatorische Dinge besprochen und ein Fachvortrag gehalten.

Im Heft 1 des Vereinsorgans "Das plastische Bild" wurde die 1. Satzung der DGS veröffentlicht.

Am 24. Mai 1928 fand eine außerordentliche Hauptversammlung statt, auf welcher ein neuer Vorstand gewählt wurde. Zum neuen Vorsitzender der DGS wurde Marine-Generalarzt a.D. Dr. Richter gewählt.

Am 18.07.1928 wurde die Deutsche Gesellschaft für Stereoskopie beim Amtsgericht Berlin-Schöneberg in das Vereinsregister eingetragen. Laut Satzung begann mit diesem Tag auch das 1. Geschäftsjahr.

In der Sitzung vom 14. Juni 1928 wurde mitgeteilt, dass in Wien eine "Österreichische Gesellschaft für Stereoskopie" gegründet wurde. Mit dieser Gesellschaft ist die DGS im Jahre 1929 in eine Kartellgemeinschaft eingetreten.

Auf der Sitzung vom 13. Dezember 1928 wurde bekannt gegeben, dass nach dem ersten Jahr des Bestehens der Gesellschaft dieser 85 Mitglieder angehören.

Anfang 1929 befand man sich, insbesondere aus finanziellen Gründen, in Schwierigkeiten.

  Abbildung 1.2
Es wurde beschlossen, einen außerordentlichen Beitrag von 0,50 RM pro Monat zu erheben. Das Erscheinen der Vereinszeitschrift "Das plastische Bild" musste eingestellt werden. Diese Zeitschrift kostete dem Verlag ca. 5000 RM im Jahr. Die monatlichen Einnahmen beliefen sich aber nur auf ca. 125 RM. Der restliche Fehlbetrag von ca. 300 RM monatlich wurde durch den Verlag eingebüßt. Dies führte zwangsläufig zur Einstellung der Zeitschrift. Damit die DGS weiterhin ein Vereinsorgan besaß, um vor allem auch die auswärtigen Mitglieder über die Gesellschaft informieren zu können, wurden ab April 1929 "Mitteilungen der Deutschen Gesellschaft für Stereoskopie" (Abbildung 1.2) herausgegeben. Dies sollte jedoch nur eine Übergangslösung bis zur Herausgabe einer neuen Zeitschrift sein.

Am 11. April 1929 wurde wieder eine außerordentliche Hauptversammlung durchgeführt, da drei Vorstandsämter (1. und 2. Schriftführer sowie Kassenwart) frei geworden waren. Auf dieser Versammlung konnte weiterhin bekannt gegeben werden, dass die Mitgliederzahl auf über 100 angewachsen war.

Ebenfalls am 11. April 1929 wurde ein "Reichsbund zur Förderung des Raumbildes" gegründet. Dieser sollte eine Art Dachorganisation für alle sich mit dem Raumbild beschäftigenden Organisationen sein. Weiterführende Informationen über die Arbeit dieses Reichsbundes sind mir bisher nicht bekannt. Ich gehe davon aus, dass dieser Reichsbund nicht lange bestanden hat.

Damit die Tätigkeit der DGS nicht auf Berlin beschränkt blieb, wurde der Gründung und dem Ausbau von Ortsgruppen besondere Bedeutung beigemessen.
Siehe hierzu auch: "Die Gründung und der Ausbau von Orts- bzw. Regionalgruppen" (befindet sich noch im Aufbau).

Die zweimal im Monat erscheinende Zeitschrift "Photographie für Alle" (Abbildung 1.3) aus

  Abbildung 1.3
dem Union-Verlag Berlin hatte geplant, eine monatliche Beilage über Stereoskopie herauszugeben. Durch Bemühungen von Dr. Hermann Lüscher war es gelungen, diese Beilage unter dem Titel "Der Stereoskopiker" (Abbildung 1.4) mit aktiver Mitarbeit der DGS-Mitglieder als dessen Vereinsorgan erscheinen zu lassen.
Durch die Mitgliederversammlung vom 10. Oktober 1929 wurde diesem Vorschlag mit Freude zugestimmt.
Die Beilage "Der Stereoskopiker" erschien jeweils zum 15. des Monats. Die erste Beilage wurde als Probe-Nummer mit der Zeitschrift vom 15. November 1929 herausgegeben. Der halbmonatliche Bezug der Zeitschrift "Photographie für Alle" war für Mitglieder der DGS zu einem Vorzugspreis möglich und im Mitgliedsbeitrag enthalten. Eine Erhöhung des Mitgliedsbeitrages war aufgrund des Vorzugpreises nicht erforderlich. Die Zeitschrift "Photographie für Alle", und damit nun auch die Beilage "Der Stereoskopiker", erschienen in
  Abbildung 1.4
einer Auflage von 9000 Exemplaren. Somit war "Der Stereoskopiker" für die DGS ein gewaltiges Werbemittel.
Ab Januar 1930 erschien "Der Stereoskopiker" monatlich als Beilage in der Zeitschrift "Photographie für Alle".

Die Mitgliedsbeiträge mussten jeweils für ein halbes Jahr bis zum 15. Juni und 15. Dezember eines Jahres entrichtet werden. Später wurde dieser Termin, damit es nicht zu Problemen bei der Abrechnung mit dem Union-Verlag kam, auf den 15. Mai bzw. 15. November vorverlegt.

Am 2. Donnerstag eines Monats, mit Ausnahme der Monate Juli und August bzw. ab 1932 die Monate Juni, Juli und August, fanden Vereinsabende statt. Ab April 1930 wurden diese Abende aus redaktionellen Gründen auf den 4. Donnerstag des Monats verlegt.
Am Anfang eines Jahres wurde eine Hauptversammlung, mit Wahl eines neuen Vorstandes, durchgeführt.

In den ersten Jahren des Bestehens der DGS fanden, ebenfalls am Anfang eines Jahres, Stiftungsfeste statt.

Zu den Fachvorträgen und Informationen allgemeiner Art, insbesondere zu neue stereoskopische Geräte und Ausrüstungen, wurden an den Vereinsabenden auch Bilderkritiken durchgeführt. Diesen Bilderkritiken wurde eine besondere Bedeutung beigemessen. Daher wurde auf der Mitgliederversammlung am 26. Juni 1930 eine "Kommission für Bildkritik" gewählt. Diese Kommission bestand aus den Herren Prof. Dr. Lewe, Dr. Lüscher und Dr. Spieweck.
Zu den Bildkritiken sollten die DGS-Mitglieder Bilder mit einem Kennwort versehen und ein Umschlag mit dem gleichen Kennwort, der die Anschrift des Autors enthielt, einreichen. Auch die auswärtigen Mitglieder waren aufgerufen, Bilder auf dem Postwege zur Bildkritik einzureichen. Diese Bilder wurden dann zu den Vereinsabenden in Betrachtern herumgereicht und es wurde darüber diskutiert und von der Kommission kommentiert.

Ebenfalls wurde auf der Mitgliederversammlung vom 26. Juni 1930 beschlossen, einen Rundsendeverkehr ausgewählter Bilder aus der Bilderkritik, mit Einverständnis der Autoren, in Umlauf zu geben, um auch auswärtige Mitglieder an dieser Bildkritik teilhaben zu lassen.

Für den DGS-Vorstand waren Bildkritiken und -diskussionen sehr wichtig, um die Vereinsabende und auch das gesamte Vereinsleben abwechslungsreicher und interessanter zu gestalten. Da es zu dieser Zeit jedoch nicht bzw. nur mit dem doch recht unvollkommenen Anaglyphenverfahren möglich war in anspruchsvoller Weise eine Stereoprojektion durchzuführen, wurden die Bilder im Vereinslokal ausgelegt und darüber diskutiert. Die Betrachtung mit dem Stereoskop war nur bedingt möglich und von der Anzahl der Besucher abhängig.

Von den DGS-Mitgliedern wurde der Wunsch geäußert, zusätzlich zu den Vereinsabenden, jeweils am 2. Donnerstag des Monats,

  Abbildung 1.5
einen Stereo-Stammtisch durchzuführen. Ab Mai 1931 gab es diese zusätzliche Veranstaltung, welche auch in den Sommermonaten, an denen es keine Vereinsabende gab, durchgeführt wurden.
Auch wurde der Wunsch geäußert, öfter gemeinsame Ausflüge zu veranstalten.

Ab Oktober 1930 war die Dortmunder Union Klause, Kurfürstendamm 22/23 das Vereinslokal der Gesellschaft. In diesem Lokal konnte ein Vereinsschrank mit der DGS-Literatur aufgestellt werden. Zu den Vereinsabenden konnten die DGS-Mitglieder diese Literatur ausleihen.

Auf der Jahreshauptversammlung am 26. Februar 1931 wurde Reg.-Rat Dr. H. Lüscher zum 1. Vorsitzenden der DGS gewählt. Dr. Lüscher (Abbildung 1.5) kann aus gutem Grund als bedeutendste und aktivste Persönlichkeit der DGS bezeichnet werden. Er blieb bis zur Hauptversammlung am 12. Mai 1960 deren Vorsitzender und führte auch danach die Amtsgeschäfte bis zu seinem Tod am 26.03.1961 weiter.
Dr. Albrecht P. F. Richter wurde auf dieser Hauptversammlung zum Ehrenmitglied der DGS gewählt.
Der alte Vorstand konnte erst zwei Monate später, auf einer kurzen Hauptversammlung vor der Mitgliederversammlung am 28. Mai 1931, entlastet werden.

Aus Zweckmäßigkeitsgründen wurde die Geschäftsstelle aufgelöst. Alle Zuschriften waren an Reg.-Rat Dr. H. Lüscher, Berlin-

  Abbildung 1.6
Grunewald, Salzbrunner Str. 48 zu richten.

Die DGS hat sich in dieser Zeit sehr stark dafür eingesetzt, dass seitens der Industrie eine Volks-Stereokamera herausgebracht wird, um der Stereoskopie einen Schub für deren allgemeine Verbreitung zu geben. Es wurde bedauert, dass die deutsche Fotoindustrie ständig verbesserte und ausgereifte Fototechnik herausbrachte, seit fast 10 Jahren aber darunter keine neuen Stereokameras waren.

Mit Einsendeschluss zum 31.12.1931 hat die DGS ein Preisausschreiben für ihre Mitglieder organisiert. Es war wahrscheinlich der erste Wettbewerb unter Stereoskopikern in Deutschland. Trotz der schwierigen wirtschaftlichen Situation wurden von der Industrie etliche Preise gespendet.
Abbildung 1.6 zeigt ein Halbbild eines der 6 mit dem 1. Preis ausgezeichneten Stereobilder von Annemarie Brenzinger aus Freiburg i.Br. mit dem Titel "Morgensonne nach dem Schneefall".

Auf der Jahreshauptversammlung am 28.01.1932 wurde bekannt gegeben, dass die Mitgliederzahl, trotz der schwierigen wirtschaftlichen Situation in Deutschland, mit 185 Mitgliedern gegenüber dem Vorjahr annähernd gleich geblieben war. Als Aktivitäten wurden 8 Vortragsabende, 1 Besuch der Hansa-Luftbild-G.m.b.H., 3 Ausflüge und 8 Stammtischabende für das Jahr 1931 genannt. Ferner wurde eine Wandermappe in Umlauf gesetzt sowie ein Preisausschreiben veranstaltet.
Im Anschluss an dieser Hauptversammlung wurde noch ein Vereinsabend durchgeführt. Zu diesem Vereinsabend waren alle Bilder des Preisausschreibens ausgelegt und es wurde rege darüber diskutiert.

Der DGS war es gelungen, sich in einer schwierigen Zeit zu einem gut organisierten und aktiven Verein zu entwickeln. Sie hat ihr großes Ziel, die Stereoskopie zu einer weiteren Verbreitung zu verhelfen, auf ein festes Fundament gestellt. In weitesten Kreisen von Kultur und Wirtschaft erlangte die DGS Vertrauen als ein kompetenter Ansprechpartner.
Mit großer Hoffnung konnte man in die Zukunft blicken.


Über die weitere Entwicklung der DGS wird auf der Seite "Von Anfang der 1930er Jahre bis zum Ende des 2. Weltkrieges" berichtet.




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